3. Preis
Frieda Wecklein
„Er ist gut getarnt und springt bei näherem Herankommen leider direkt weg: Der Campushase.“
Meine Bilder erzählen die Geschichte von einem Hasen und einer älteren Frau. Eine Geschichte, nach der ich eigentlich nicht gesucht hatte.
Sie beginnt an einem kalten Montagmorgen im November. Auf dem Weg zur Uni beobachte ich vor dem Philosophiegebäude einen Schwarm Krähen. Ich bleibe einige Momente stehen, mache ein Foto. Aus der Entfernung sehe ich eine ältere Frau auf mich zukommen, sie lächelt. Ob ich den Hasen schon entdeckt habe? Sie komme auf ihrem Spaziergang fast jeden Morgen hier am Campus vorbei, und in letzter Zeit habe sie unter dem Philosophiegebäude schon öfter einen Feldhasen kauern sehen. Wir gehen gemeinsam hin und tatsächlich: Unter dem Betongebäude hockt gut getarnt ein einziger Hase. „Das ist ja ein Hübscher“, sage ich. Sie nickt. Vor allem komme die ältere Frau gern wegen den dutzenden Krähen, die vor dem Philosophiegebäude in den Bäumen, Hecken und Gräsern picken. „Ja, die sind mir auch schon aufgefallen“, sage ich. Und freue mich.
Dass Mensch-Umwelt-Tier-Beziehungen am Campus überall zu finden sind, wird mir an diesem Morgen umso klarer. Dass Uni für alle da sein soll, ob Tier, Student, Studentin oder vogelbegeisterte Omi, auch. Und dass man diese Beziehungen nur findet, wenn man aufmerksam ist. Das hat mich die ältere Frau gelehrt.
Ich gebe zu, die Geschichte klingt kitschig, ist sie auch. Doch sie ist mir genau so passiert. Und hat mich mit einem Lächeln den Vorlesungssaal betreten lassen.
Ort der Aufnahmen: Philosophisches Zentrum
Datum der Aufnahmen: 13.11.2024